Wer war Ludwig Richter, der Namensgeber unserer Schule,
und warum wurde unsere Schule nach ihm benannt?
Die Schulkinder in Eschersheim gingen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in einem Gebäude zur Schule, das auch als Rathaus diente. Im Jahre 1902 wurde am Weißen Stein ein Schulhaus mit 8 Klassenräumen gebaut, das jedoch bald zu klein wurde und deswegen umgebaut oder erweitert werden sollte. Der Grund hierfür war der rasant ansteigende Einwohnerzuwachs zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie die Eingemeindung des Dorfes Eschersheim nach Frankfurt (1910).
Der 1. Weltkrieg (1914 - 1918) verhinderte dieses Vorhaben, denn die Stadt Frankfurt hatte drängendere Probleme, als sich um Schulkinder zu kümmern. So dauerte es bis ins Jahr 1926/27, als es hieß, dass am Lindenbaum eine neue Schule gebaut werden sollte. Im Jahre 1928 war es dann so weit, die neue Schule konnte eingeweiht werden!
Nun begann die Suche nach einem Namen, die sich als nicht ganz einfach erwies. Zur Diskussion standen der Reformpädagoge Hugo Gaudig (1860 – 1923), der Schriftsteller Hermann Löns (1866 – 1914) sowie die Frankfurter Maler Fritz Boehle (1873 – 1916) und Wilhelm Altheim (1871 – 1914).
Da sich damals wie heute auch der Name einer Schule nicht zwingend auf eine lokale Persönlichkeit bezog – der Eschersheimer Maler Altheim schied als Namensgeber einer Grundschule wegen seiner exzentrischen Lebensweise aus, fiel die Wahl auf den in jener Zeit sehr beliebten Dresdner Maler und Zeichner Adrian Ludwig Richter (1803 – 1884).
Seine stimmungsvollen Werke in Form von Reimen, Versen und Zeichnungen sind auch in schulischen Motiven und in Poesiealben zu finden. Er galt als volkstümlich, humorvoll und verstand es, den Zeitgeist zu illustrieren. Seine vielen Landschaftsbilder, auch von der Gegend um Dresden herum, und Ölgemälde wie die Überfahrt am Schreckenstein sind in vielen bedeutenden Museen zu finden.
Wer war Martin Elsaesser? Welche Bedeutung trägt Martin Elsaesser, als Architekt unserer Schule?
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl von Eschersheim so rapide an, dass die 1902 errichtete Schule am Weißen Stein auch schon bald zu klein wurde. Die Schüler mussten wegen Überfüllung auf Schulen in anderen Stadtteilen ausweichen.
Der 1. Weltkrieg mit seinen Folgen verhinderte einen Umbau und eine Erweiterung dieser Schule und Frankfurt sah sich gezwungen zur Neuerrichtung eines Schulgebäudes am Lindenbaum, eben der Ludwig Richter Schule.
Mit der Planung unserer Schule wurde der berühmte Architekt Martin Elsaesser (1884 – 1957) beauftragt. Baubeginn für den Schulneubau am Lindenbaum war 1927. Am 27. November 1928 wurde das Gebäude dem Schulträger übergeben.
Wegen der Finanznot der Stadt Frankfurt konnte nur die Hälfte des Gebäudes fertiggestellt werden. Mit dem Bau des rechten Seitenflügels, der wegen der steigenden Schülerzahlen für 1930 geplant war, konnte erst im Jahre 1953 begonnen werden. Dieser Neubau und die Turnhalle wurden 1954 eingeweiht.
Was ist das Besondere an Martin Elsaessers Bauweise und den damit verbundenen baulichen Vorteilen der vier Schulen in Frankfurt, die nach seinen Entwürfen errichtet und alle noch als solche genutzt werden?
Der damalige Künstlerische Leiter des Hochbauamtes Martin Elsaesser lebte zwischen 1925 und 1932 in Frankfurt. Er war u.a. verantwortlich für den Bau der Großmarkthalle, der Nervenklinik, dem Fechenheimer Schwimmbad, dem Umbau des Gesellschaftshauses im Palmengarten, der Gustav-Adolf-Kirche in Niederursel und seiner Villa am Höhenblick.
Elsaesser arbeitete an der Seite von Ernst May, der in seiner Arbeit jedoch einen anderen Schwerpunkt setzte und Elsaessers Kompetenzen damit beschnitt.
Während May die Ziele am Projekt „Neues Frankfurt" mit einem erkennbar erzieherischen gesellschaftlichen Anspruch vertrat, ließen Elsaessers Entwürfe eine stärkere Hinwendung zum Funktionalismus des Bauens erkennen.
So baute Elsaesser mit der Ludwig Richter Schule ein Gebäude mit doppelter Fensterreihe, die als Belüftung und Belichtung dient. Die untere von zwei Fensterreihen auf Augenhöhe der Kinder trägt dazu bei, dass diese ihre Größenverhältnisse einschätzen und eine eigene Vorstellung vom Raum entwickeln können. Das runde Treppenhaus mit geschwungenem Handlauf und die eingebauten Nischen für die Garderoben der Kinder in den Fluren sind Erkennungsmerkmale von Martin Elsaessers Bauweise.
Die Räume der 1927 eröffneten Konrad Haenisch Schule ( seit 1933 Pestalozzi-Schule) im Stadtteil Riederwald, der Römerstadt Schule (seit 1964 Geschwister Scholl Schule), Holzhausenschule und Ludwig Richter Schule werden entsprechend den Aspekten des reformierten Unterrichts Ende der 20er Jahre gestaltet: Im Mittelpunkt steht „der Mensch im Kind", der Gelegenheit braucht, sich zu entfalten und eine emotionale Beziehung zu Lehrern und Schulgebäude entwickeln soll.
Allen diesen Schulen gemeinsam sind die ziffernlose Uhr am Schulgebäude, ein Trinkbrunnen, der Schulgarten und Freskomalereien in den Fluren. Die Wandgemälde in den Gängen der Ludwig Richter Schule wurden von den Frankfurter Malern Göpfert und Fauser erstellt und sind bis heute erhalten. Der Brunnen im Schulhof, gestaltet von dem Metallbildhauer H.O. Wissel, existiert heute leider nicht mehr.
Zusammengestellt von Jutta Fuchs, Lehrerin an der Ludwig-Richter-Schule
Frankfurt, im November 2015